15.09.2018: Ring of Steall: 28,7km – 7:35:38 – 2.700Hm

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Boah..ich war ganz schön nervös. Um 7:00 Uhr klingelte der Wecker. Ich stand auf, zog alles schnell an und machte Kaffee. Gut, dass alles vorbereitet war. Danach gings hoch nach Kinlochleven. Zum Glück kannten wir jetzt schon alles und fanden schnell den Parkplatz. Danach spazierte ich noch etwas rum und die Leute machten mich schon etwas nervös…Diese typische „Ruhe vor dem Sturm“. Man weiß, es passiert gleich was. Vor allem sah ich dann überall die anderen, die sich locker einliefen oder auch dehnten. Ich hab so was noch nie bei einem meiner zig Läufe davor gemacht. Laura lenkte mich zum Glück zum Kaffeestand wo ich mir neben den Pott Kaffee auch gleich noch ein Pain au Chocolat rein haute. Wenn anders, dann wenigstens richtig anders. Doch..es machte mich glücklich. Danach gab es noch das Vorher Foto und ich gab Laura noch einen Kuss bevor es in den Startblock ging. Der obligatorische schottische Soldat mit dem Dudelsack stand da, spielte das Kampflied und die Uhr zählte runter. Dann gings los. Wir starteten alle gleichzeitig und am Anfang im Ort ging es noch gut, aber dann folgte das Nadelöhr. Wir mussten alle auf den Trail. Es staute und staute sich. Es wurde langsam, Gehtempo. Irgendwann hatten wir uns alle sortiert und so gings hoch zum ersten Checkpoint. Eigentlich war es ganz gut, dass alles so langsam ging. Ich konnte gut mein Tempo gehen und mich sozusagen eingehen. Ich überholte auch zig Leute und war ziemlich gut drauf. Nach den ersten 6km und 1,5h erreichte ich den ersten Checkpoint. Hier verschnaufte ich eigentlich gar nicht sondern ging gleich weiter hoch zum Sgor an Iubhair. Danach folgte die Devil’s Ridge Passage rüber zum Sgurr a’Mhaim. Diese Passage ging richtig gut. Richtig fies ausgesetzt war es nicht und nachdem was ich auf den Lofoten gelaufen bin war das hier Kinderfasching. So erreichte ich fit den Checkpoint 2 nach 2:10h. Anschließend kam ein fieses Stück für die Knie. Fast 1.000hm bergab. Hier musste ich echt aufpassen mich nicht zu überschlagen und die Balance zu halten zwischen Schnelligkeit und Sicherheit. Einige knickten hier schon fies um bzw. taten sich anders weh. Auch die Schuhe fingen an zu leiden. Hoch ging es noch einigermaßen trocken, aber hier unten durchnässte alles mehr und mehr. War ja ok bzw. hab ich damit gerechnet. Leider knirschte es kurz auch in meinem Knie, was mich jetzt nicht für den Lauf beeinträchtigte, aber ich noch über ein halbes Jahr mit mir rum schleppen sollte. Nach dieser fiesen Downhillpassage erreichte ich ohne weitere Blessuren (nur Scheuerstellen am Fuß) den Checkpoint 3 bei Achriabhach nach 3h und knapp 12km. Hier wartete Laura schon auf mich. Ich trank viel, aß eine Kleinigkeit und versorgte meine Füße. Wohlgemerkt…ich war am Checkpoint 3. 14km noch vor mir und noch über 1500hm. Zu diesem Zeitpunkt rannte Kilian Jornet (der Sieger) gerade durchs Ziel. Auch Laura meinte mit dem Auto hätte sie es kaum schneller her geschafft als er. Davon wusste ich natürlich noch nichts. Ich konzentrierte mich auf den nächsten Abschnitt. Das Gute, mit dem Checkpoint hatte ich auch die Cut-Off Zeit unterboten und konnte somit „locker“ ins Ziel rennen. Der nächste Abschnitt killte mich aber. Ich bin ja null der Streckenläufer bzw. gerade wenn es eben oder leicht bergauf geht. So waren die nächsten 60 Minuten und 4km die Hölle. Ich biss zam was ging und erreichte die Steall Falls. Hier musste ich durch den Fluss (natürlich mit Socken und Schuhen) um Anschließend den drittletzten Anstieg zu bewältigen. Es war sumpfig ohne Ende, aber eh Wurst bei den nassen Füßen. Es ging zum Glück wieder hoch und so konnte ich meine Stärken ausspielen. Ich überholte zig Leute und es ging gut. Kaum Schmerzen. Kurz vor Checkpoint 4 (An Gearanach – 5:10h – 20km) wurde das Wetter schlechter und es wehte ein kalter Wind. Ich wechselte sämtliche Oberteile und zog die Patagonia Jacke an. So geschützt war der Weiterweg dann kein Problem. Ich sah echt viele Leute, die sich gerade wegen der Kälte schwer taten. Einfach zu wenig im Gebirge unterwegs. Den Checkpoint 4 ließ ich noch relativ fit hinter mir und der nächste „Scramble“ Abschnitt war auch nicht wild. Ich erreichte Checkpoint 5 (5:40h – 20,5km) und den letzten Anstieg konnte ich schon sehen. Abwärts bekam ich nun doch leichte Rückenschmerzen. Der letzte Anstieg dann raubte mir doch schneller als gedacht meine Kräfte und ich kam im oberen Bereich endlich am Checkpoint 6 Am Bodach nach 6:15h und 22km an. Jetzt hieß es nur noch runter. Gerade hier der Abstieg zurück zum Checkpoint 7 (was quasi Checkpoint 1 war) war die Hölle. Alles tat weh. Ich wusste echt nicht wie ich es bis runter schaffen sollte. Nach 6,5h und 22,9km auch kein Wunder. Aber somit lagen noch 750Tm und 6km. Zum Glück waren vor mir noch zwei Mädels und zwei Jungs. Quasi als 5er Team rannten wir runter. Der Boden war super sumpfig, aber das war uns Wurst. Es war unglaublich erleichternd jemanden vor sich zu haben dem man einfach nur nachrennt. Ich konzentrierte mich einfach auf die Spuren vor mir und musste nicht mehr selber nachdenken. So zogen wir gut runter und meine Schmerzen waren fast vergessen. Nachdem aber einer nach dem anderen zurück fiel erreichten nur ein Typ und ich wieder den festen Boden vom Forstweg. Für den Abstieg benötigten wir gut 3oMinuten. Auf dem Forstweg zog er mir aber davon und ich mobilisierte meine letzten Kräfte für die kurzen Gegenanstiege und die Strecke. Hier war ich dann plötzlich alleine. Ich biss die Zähne zam und lief den Wanderweg, den ich in der Früh noch hoch gegangen bin, runter. Jeder Stein tat weh, jedes Abbremsen, jeder Richtungswechsel. Es wurde dann immer waldiger, dann wusste ich…jetzt kommt bald die Straße. Der Trail spuckte mich auf die Straße und in meinem Kopf war nur der Gedanke, sich jetzt am Ende nicht noch überholen lassen. Ich lief gefühlt wie besessen den letzten Kilometer nach Kinlochleven und wurde von den Passanten angefeuert. Ich schaute nicht zurück. Ich hörte nichts, ich wusste nur..gib alles. So erreichte ich die Brücke, bog voller Glückshormone in die Arena ein und durchlief ohne noch überholt zu werden die Ziellinie. Dass es vor ungefähr 1,5h Stunden zu regnen begonnen hatte registrierte ich erst jetzt langsam. Ich war glücklich…All die Qualen, all die Läufe, all das frühe Aufstehen, all das Hadern, all das Zögern, aber auch all die schönen Momente durchliefen meine Gedanken. Es war vorbei. Ich war am Ziel. Das mir noch jemand die Medaille um den Hals legte merkte ich kaum noch. Ich sah nur Laura und fiel in ihre Arme. Ich war noch voll auf Adrenalin….ich redete..und musste mich umziehen. Wir gingen kurz in die Sporthalle (Eiskletterzentrum) rein, dort zog ich mich so gut es ging auf der Toilette um. Die Schmerzen kamen. Alles tat weh. Ich aß ein Chili und trank was. Ich konnte gar nicht so viel erzählen wie ich wollte. Gefühlt rannte ich noch. Nachdem das Essen nicht genug war und hier nichts weiter an Aktion geplant war verließen wir Kinlochleven aber nur bis zum Ende vom Ort wo wir dann in ein Pub gingen und ich mir einen Highlander-Burger mit Blutwurst gönnte. Dazu mehrere Bier. Ich war paniert und fertig. Anschließend fuhr mich Laura zum Camping wo ich noch all meine Sachen wusch und zum trocknen Aufhing. Brutal wie viel Dreck hier raus kam.

Was bleibt…Alles..Viele Erinnerungen. Gute, wie schlechte. Ich weiß was ich kann…ich weiß, dass ich mich zwingen kann. Ich weiß, dass ich unglaublichen Spaß hatte und auch große Motivation daraus gewonnen habe. Ich weiß, dass ich sicher weiter laufen werde, aber nicht jetzt. Was ich erst jetzt beim schreiben realisiere. Brutal wie konsequent ich beim Training war. Fast jeden Tag…fast das komplette Programm bei jedem Wetter, bei jeder Gemütslage durchgezogen. Hätte ich vorher nicht gedacht von mir….das macht auch ein wenig stolz. Ob ich nochmal einen Wettkampf mache. Wohl eher nicht. Lofoten haben mir wegen der familiären Atmosphäre super gut gefallen. Schottland war halt eine Großveranstaltung. Ich brauch nicht den Wettkampf mit anderen. Die Uhr reicht. Und am Ende will ich eh keinen Wettkampf. Ich will das Gefühl der Freiheit…das Gefühl in der Natur zu sein und sich dabei wohl zu fühlen.

Danke übrigens an alle Arbeitskollegen, die mein Gequatsche drum herum ausgehalten haben, genauso natürlich meine Freunde. Bäda für die schönen Schwimmeinheiten und vor allem Laura..die mich in jeder Gemütslage ausgehalten hat und mir den nötigen zeitlichen Spielraum eingeräumt hat. Hast dir deinen Kiteurlaub jetzt verdient ;-)

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