Für heute war das Wetter „OK-ish“ angesagt. Unser Entschluss stand immer noch weiter nach Norden zu fahren. Davor wollte ich aber noch einen Gipfel mitnehmen, den ich mir schon in München ausgesucht hatte. Scafell Pike. Witzigerweise stellte sich vor Ort bei genauerer Recherche heraus, dass es der höchste Berg Englands ist. Wenn wir den schaffen, dann haben wir mit dem Snowdon (höchster Berg von Wales) quasi schon zwei von den drei höchsten Gipfeln in Great Britain gemacht. Der Trail stand fest, also hieß es zusammen packen. Witzigerweise füllte sich seit gestern der Camping (Wochenende) und man merkt wie stark auch hier die Leute nach draußen strömen. Die Mischung ist aber breiter als bei uns. Hier sind es ganz viele Leute bei denen man merkt, dass sie quasi selten zelteln. Umso cooler irgendwie, dass sie es machen. Vom kleinen Ein-Mann Biwak Zelt hin zu Quequa Zelten und dann weiter zu professionellen Hilleberg Zelten. Der Camping-Besitzer nutzte damit auch die Chance seinen Imbiss zu öffnen, verkaufte gestern schon Pizza und heute zum Frühstück Bacon Rolls. Das ließ ich mir nicht nehmen und gönnte mir eine die richtig geil schmeckte. Ich plauderte auch kurz mit ihm und er meinte vor ein paar Wochen wäre die Wiese und die die dahinterliegende, die doppelte so groß ist, komplett voll gewesen. Da die Engländer wie wir nicht wirklich raus können machen alle Staycations. Bleiben also im eigenen Land. Das merkten wir auch insgesamt, denn bei den Campingplätzen muss man wegen Corona vorbuchen und es war nicht immer was frei. Im Anschluss packten wir auch alles wieder auf Myr drauf und sagten langsam Ciao. Wer Weg führte uns nach Wasdale. An der Touri-Info war der Parkplatz schon gut voll und da die Parkgebühr entsprechend hoch war konnte man das Ticket sogar im Laden kaufen. Wir machten uns fertig und gingen Richtung Wasdale Head. Das war alles noch Straße bzw. bald ein kleiner Feldweg an Farmen vorbei und dann schließlich ein gut ausgetretener Wanderweg. Dieser führte hoch zur Great Gable. Insgesamt war es nicht kalt eher dampfig warm. Entsprechend schwitzte ich auch stark und war heil froh als wir das Tal verließen und in der Höhe etwas Wind abbekam. Uns kamen dann auch immer mal wieder Läufer von oben entgegen die an einem Trail Running Wettbewerb teilnahmen. Ähnlich wie auf den Lofoten war das Teilnehmerfeld bunt gemischt, was ich richtig cool fand. Witzig war auch, dass ein Radio-Reporter mit Crew und Antennenrucksack unterwegs war und anscheinend Live vom Event berichtete. Wir sind dann hoch bis zur Ebene von Sty Head Tarn. Das war quasi auch die Ebene auf die man von Norden her rüber kommt bzw. von der man auch auf den Great Gable kann. Wir folgten dann dem guten Weg bis zum Sprinkling Tarn als ich merkte, dass wir falsch unterwegs waren. Wir versuchten dann noch direkt abzukürzen, was aber vor einem Felsabbruch und unwegsamen Gelände endete. Also ok, nochmal zurück. Der Nebel nahm hier oben immer mehr zu und witzigerweise kamen uns auch andere Leute entgegen, die sich auch hundert pro verstiegen hatten. Ihr Nachteil war, dass sie kein GPS dabei hatten. Irgendwann hörte ich ein komisches Geräusch und erkannte es als Ketten-Rasseln von einem MTB und dann sah ich auch den Biker vorbei radeln und jep, da war endlich wieder der Weg. Also auf dem breiten Weg wieder zurück, fast ganz bis zur Ebene. Von der anderen Richtung kommend erkannte man dann auch die Abzweigung zur Corridor Route. Der Nebel zog etwas auf und die Sicht war endlich besser, aber es war auch alles feucht. Ich verzichtete komplett auf die Regenjacke und dachte mir nur, ob ich jetzt schwitze oder von außen nass werde ist auch egal. Die Corridor Route war nicht schwer, es war halt nur mehr ein Pfad, also eher etwas was wir vom Hochgebirge her kennen, aber nix tragisches. Dennoch war es krass zu sehen wie unvorbereitet die Leute hier hoch gingen. Turnschuhe ohne Profil, Jeans und keine Karte oder GPS. Wir wurden öfters nach dem Weg gefragt und ich fühlte mich langsam wieder wohl in dieser Art Gegend. Das von Stein zu Stein hüpfen kannte ich ja. Die Wolken zogen etwas höher, dafür regnete es nun leicht. Wir erreichten den Lingmell Col wo sich die Wege von der Corridor Route und der Normalweg zum Scafell Pike trafen und was ich hier vorfand, mit dem hatte ich nicht gerechnet. Das Wetter war echt nicht gut, aber die Leute strömten hoch, dass es nicht mehr normal war. Wo ich vorher noch dachte, dass die Leute schlecht ausgerüstet seien, erreichte hier eine neue Dimension. Es war alles unterwegs. Junggesellenabschiede (Jungs mit bunten Röcken), Mädels-Gruppen, normale Leute, Leistungssportler, Ausländer die mit Jeans und Regenschirm hoch gingen. Es war echt brutal. Gleichzeitig dachte ich mir..irgendwie cool, dass die alle durchziehen. Bei uns wäre niemand ohne mindestens 2L Gore Jacke unterwegs und High-Tech Rucksäcken. Also schon geil. Es passte mir zwar gerade nicht in die Stimmung, weil es zu voll war, aber Respekt an die Leute. Ich stierte die letzten gut 200Hm hoch, ließ viele Leute hinter mir und erreichte dann den Gipfel auf dem sich schon mindestens 40 Leute tummelten. Ich suchte hinter dem „Gipfelkreuz“ kurz Schutz und zog mich um, Laura war dann auch da, wir gingen hoch zum Steinhaufen, machten ein Gipfelfoto und schauten den Leuten nur noch kurz zu wie sie über die glitschigen Steine umher stolperten. War echt Wahnsinn. Danach hieß es zumindest für mich Speed aufnehmen. Der Weg runter war dann auch etwas auf was ich mich freute. Zunächst noch grob steinig folgte ein Schotterabschnitt und dann wieder der breit ausgebaute Normalweg. Die Leute schauten mich auch alle etwas ungläubig an wie ich da runter lief. Ich musst echt aufpassen nicht zu pushy zu werden wenn ich auf die Leute auflief, da sie doch dazu neigten schnell aus dem Weg zu springen. Was ich aber auch krass fand war, dass selbst um 14Uhr als wir runter liefen immer noch Leute hoch gingen, die definitiv länger als vier Stunden noch brauchen werden. Aber gut. Wir erreichten dann auch die obligatorische Bachquerung, bei der man sicher nicht trocken rüber kommt und auch hier fragten mich wieder die Leute wo der Weg lang ging. Den Rest legten wir dann gemeinsam zurück und erreichten nach fünf Stunden wieder den Bus. Heilfroh aus den nassen Sachen wieder raus zu kommen zogen wir uns um und versuchten so gut es ging alles zum trocknen aufzuhängen. Danach hieß es Essen suchen. Wir machten uns auf zum The Strands Hotel aber als ich das Wast Water sah musste ich noch kurz stehen bleiben zum dippen. Obwohl wir im After Drop nach der Tour waren, uns also nicht wirklich warm warm, musste es sein. Wir überwanden unseren inneren Schweinehund und dippten kurz. Es tat echt gut den Schweiß los zu werden und das kalte Wasser auf seiner Haut zu spüren. Die Körper brannten nach und so gab ich Gas bis zum Inn. Leider servierten die zu der Uhrzeit kein Essen, so dass wir nur kurz für ein IPA/Cider (local micro brewery) dort blieben und im Sawmill Cafe/Farm Shop Chips und Cola zum überbrücken einkauften. Damit schafften wir es bis Maryport, unserem Nachtlager. Dort hatten wir an der Marina einen Campingplatz gebucht und dank der großen Straße, die wir bald erreichten, gings recht zügig rüber. Leider ließen wir damit St. Bees zurück, einen der schönsten Beach Bloc Boulder Gebiete, aber aktuell lag der Fokus einfach wo anders. In Maryport angekommen lief der Check-In problemlos und wir nutzten alle Möglichkeiten um unsere Sachen zu trocknen. Als alles aufgehangen war gings los zum Lifeboat Inn. Dort ergatterten wir noch einen Platz und bestellten uns eine große Portion Fish & Chips. Das war so lecker. Völlig überfressen und müde gings zurück zu Myr wo wir nur noch müde in die Schlafsäcke fielen.