Heute hieß es Abschied nehmen von Myoko. Next Stop Nozawa Onsen, aber bis dahin hatten wir noch etwas Zeit. Das Wetter lud heute nicht wirklich zum Ski fahren ein, da die Bewölkung quasi bis zum Boden reichte. Außerdem hatte es die ganze Nacht über geschneit und somit musste man wieder etwas aufpassen. Aber das störte uns alles nicht. Wir hatten schon einen Plan. Wir wollte auf dem Weg nach Nozawa noch den Togakushi Shinto Schrein besuchen. Davor hieß es noch kurz ein Foto-Shooting im Kimono machen und einen extra doppelten Espresso trinken. Nachdem das kleine Auto voll gepackt war gings los. Unten war es zwar mehr Regen als Schnee, aber zum Schrein gings eh wieder hoch, so dass wir fast alleine auf einem schneebedeckten Parkplatz standen. Wir fellten auf und machten uns auf mit den Skier los zu gehen. Was uns dann auf den ersten Metern erwartete verschlug uns komplett die Sprache. Der Wald, der Weg der uns erwartete war unglaublich. Ich hab dieses Wort schon oft gebraucht…aber heute …heute ist es die Definition von unglaublich. Dieser Wald war Jahrhunderte alt, die Sugi Bäume riesig, alt und Ehrfurcht gebietend. Dazu kam eben, dass es über Nacht geschneit hatte und nur wenige Leute unterwegs waren. So fühlte es sich fast an als ob man alleine in diesem Wald unterwegs ist. Schweigend zogen wir mit unseren Skiern weiter (welches sich echt als sehr nützlich erwiesen)..wir staunten, schauten, verloren uns in Gedanken. Man sagt..ein Wald könnte heilen, wirkt beruhigend und ja..absolut ja. Dieser hatte genau diese Wirkung auf mich. Wir erreichten ein Torii, welches wir wie es sich gehörte nicht durch die Mitte durchquerten. Die Mitte gehört den Göttern. Der Weg nahm langsam an Steilheit zu und damit rückten wir auch immer mehr nach unten während sich die Bäume vor uns aufbauten. Die Szenerie war gewaltig. Mit der Zeit erreichten wir den ersten Schrein, der im Vergleich zum Wald schlicht und mehr wie eine Hütte wirkte. Aber ich mag diese zurückhaltende Art. Warum müssen heilte Stätten immer prunkvoll und künstlich geschaffen sein. Ich wusch mir traditionell, selbst hier im Schnee, die Hände bevor wir uns weiter hoch auf machten. Der Hauptschrein war eine Ansammlung von drei/vier Häusern und wir benötigten sogar Spitzkehren-Technik um hier hoch zu kommen. Am Schrein gingen wir kurz in uns und nahmen bewusst einige Atemzüge..So in sich gekehrt und mit sich im reinen gings wieder abwärts. Hier zahlten sich unsere Ski nun doppelt aus, denn mit Fellen noch drauf konnten wir den Weg im Schuss easy zurück legen und hatten eine mega Gaudi dabei. Unten am ersten Torii angekommen nahmen wir die Abzweigung zum See und wanderten durch unberührte verschneite Landschaften. Einzig die Hinweisschilder mit „Achtung, Bären“ machten uns zunächst etwas stutzig, aber zum Glück waren die sicher in ihrem Winterschlaf. Auf Holzstegen gings weiter durch den „verwunschen“ Wald und wie gesagt, dass beste an der Uhrzeit und dem Wetter war, dass wir wirklich nur ganz vereinzelt Leute sahen und somit das Gefühl hatten echt alleine unterwegs zu sein. Uns kam einmal eine größere Jugendgruppe entgegen, die ebenfalls auf Skiern unterwegs waren und etwas neidisch auf unsere fetten Ski blickten. Wir erreichten den Tenmeiinari Schrein, der mit seinen zig roten Toriis in der sonst eher weiß/grau/grünen Landschaft wie eine farbenfrohe Insel wirkte und ihm damit auch etwas mystisches gab. Wirklich, wirklich beeindruckend. Wir gingen noch weiter bis zum Kagami ike Pond, dem See, waren aber etwas enttäuscht, dass das Soba-Nudel Restaurant geschlossen war. So gings wieder zurück und einen Abzweig weiter nahmen wir diesmal den direkten Weg zurück zum Parkplatz. Hier erreichten wir einen Abschnitt im Wald, den sicher vor uns heute noch keiner gegangen war, da der Schnee frisch war und keine Spuren zu sehen waren. Wieder komplett still, in uns gekehrt, wanderten wir auf den Ski so durch den Wald und genossen diese pure Natur. Die Luft war kalt..frisch, feucht. Es roch nach Schnee, Geräusche wurden durch die mächtigen Bäume schnell geschluckt und es war einfach das Hier und Jetzt was zählte. Mit der Zeit gingen die Wegweise dann doch aus und am Ende war ich froh mein Handy mit Karte dabei gehabt zu haben um wieder raus zu finden. Wir erreichten dann wieder den Parkplatz und plötzlich..war die Magie vorbei. Wir waren wieder in der normalen Welt. Total aufgeputscht und glücklich packten wir zam, quasselten die Rückfahrt über und suchten uns erst Mal ein schönes Restaurant zum Mittag essen. In einem verschlafenen Dorf wurden wir auch fündig und es lag sicher an der Uhrzeit, wir waren die einzigen im Restaurant. Aber die Besitzer war mal wieder so herzlich, half uns die Karte zu verstehen und freute sich total uns Ausländer hier zu haben. Das Essen war mega und wir dachten es könnte nicht besser werden. Nachdem wir dann endlich wieder auf der Autobahn waren gings Richtung Nozawa Onsen. Hierfür mussten wir ein Stück am Chikuma Fluss Richtung Norden fahren und mit Tal war es Frühling. Kein Schnee…eher braun/grün. Aber selbst die Zweifel hatten nach diesem Wald keine Kraft mehr. Der Weg nach Nozawa führt über eine „steilere“ Straße vom Tal weg hoch und plötzlich öffnet sich vor einem eine große „Hochebene“ (immer in Anführungszeichen, da es mit Europa und den Alpen alles kein Vergleich hat, halt ne Nummer kleiner) in der dann Nozawa Onsen lag. Von Myoko und einem Australier wusste ich schon, dass der Ort sehr schön sein musste, da er noch natürlich ist und einen echten Kern hat. Dies sah man auch schon von weitem. Keine zersiedelte Retorten-Stadt. Wir fanden schnell das Maruji, unserem letzten Hotel hier draußen. Hotel ist übertrieben. Es war ein familiengeführtes Ryokan und Ian, der Australier und Tipp von Kaddi, empfing uns schon am Eingang. Was dann folgte war wieder ein herzlicher Empfang und er führte uns durch die ganzen Räumlichkeiten, die verteilt auf mehrere kleine Häuser lagen. Aber alle irgendwie doch verbunden, so dass die Orientierung zunächst etwas wirr war. Dann zeigte er uns unser Zimmer welches traditionell hinter einer Schiebetür lag. Vor uns dann ein mit Tatami ausgelegter Raum, der kleine Tisch, die Futon-Decken für die Betten…mega. Wir waren hin und weg..es war so süß, schön und gemütlich, dass wir uns sofort verliebten. Ian erklärte uns noch viel bzgl. der Umgebung, wo es gute Onsen gab (Nozawa Onsen hat über 20 verschiedene!), welche Geschichte hinter jedem steckt und wie man am besten geht um alles zu sehen. Dazu noch Unmengen an Tipps für Abfahrten morgen, denn es fing an zu schneien und es sollte die ganze Nacht über durch schneien. Begeistert von all dem packten wir unser Onsen Equipment in unsere Skifell-Säcke und machten uns mit den typischen durchsichtigen Regenschirmen auf zum ältesten Onsen, ins Oyu Onsen. Die Stadt selber hatte uns auch sofort in ihren Bann gezogen. Klein, schnucklig, heimisch. Am Onsen trennten sich kurz unsere Wege (Männlein, Weiblein). Ich zog mich vorne aus und ging mit dem kleinen Handtuch rein. Es war schlicht, aber schön, mit zwei Becken. In einem waren schon vier Westler, so dass ich in das eine ging mit dem Japaner. Ich wusch mich draußen und war zunächst doch etwas überwältigt vom Schwefel Geruch, den wir in den anderen Onsen nicht so stark hatten. Als ich sauber war versuchte ich in das Becken zu gehen und als ich bis zu den Knien drin war, war ich mir nicht sicher ob ich meine Beine noch spüre. Es war brutal heiß. Ich kam bis zu den Schultern und 10Sekunden später musste ich schon wieder raus. Kein Wunder. Nozawa Onsen ist berühmt für seine sehr heißen Quellen, in denen sogar Gemüse und eben die Onsen Eier gekocht werden. Auch der Japaner riß seine Augen auf und wedelte mit den Armen ich sollte schnell raus. Das wäre zu heiß für mich. Ich lächelte kurz den Schmerz weg…ging draußen gefühlt 5 Minuten hin und her und ging nochmal rein…diesmal länger. Das wiederholte ich noch einmal und am Ende gelang mir sogar eine Minute im Becken. So „erfrischt“ gings mit unserer Rundtour weiter. Wir entdeckten am nördlichen Ende eine Menge von Schreinen und auch den Ort, der nur für die Dorfbewohner zugänglich war, in dem viele einzelne Becken standen in denen sie ihr Gemüse eben kochten. Nach einem gute Snack im BBQ Laden (mal wieder Tischgrill, mit viel Fleisch, Bier und wenig Gemüse) gings zum Abschluss von diesem schönen Tag noch in die Stay Bar auf den Absacker. Durch Zufall sind wir damit in die Boazen schlechthin in Nozawa Onsen gekommen..und das war gut so. Die Leute waren alle witzig drauf, der Barkeeper ein alteingesessener Aussie und die Stimmung war mega. Wir fühlten uns gleich zu Hause. Highlight waren dann u.a. die beiden Pärchen die rein kamen und die Frauen irgendwas gesundes trinken wollten und der eine Typ sich einfach das größte Bier bestellt hat und sich irgendjemanden zum Reden ausgesucht hat..Hauptsache nicht mehr mit denen Reden. Ein weiteres Highlight war dann der Russe, der vier doppelte Vodka bestellte, sich per iPhone filmen ließ wie er sie nacheinander ext und dann das Wort zahlen nicht verstanden hat. Hier dachte ich kurz, die Situation gerät ausser Kontrolle, aber hey…wir waren ja in der Stay Bar..Alles cool und alle haben gelacht.
Was für ein Tag…irgendwie total surreal was heute alles passiert ist. Schwankend, vor Glück und Alkohol gings zurück zum Maruji…begleitet vom Schneefall und ab in die dicken weichen Futon-Betten.